Jönköping/Schweden 07.07.2024
Schon während der Woche vor dem Rennen sahen wir mehr Regen als Sonne, froren uns den Hintern im kalten Wasser ab und hielten öfter alles fest, was vom Wind davongeweht werden könnte. Zumindest letzteres sollte uns am Raceday auch in Form von teilweise Orkan böigem Wind erwarten. Schon um vier Uhr morgens wachte ich auf, weil der Sturm das geöffnete Fenster hin- und herwarf. Obwohl wir am Vortag vereinbart hatten, das angekündigte Wetter nicht zum Trübsalblasen zu nutzen, war meine Stimmung im Keller. Am Schwimmstart angekommen, bewahrheiteten sich auch meine schlimmsten Befürchtungen. Das kalte Wasser (16,8°C) warf ordentlich Wellen, mal mit Schaumkronen, mal türmte es sich richtig auf, sodass die Bojen kräftig auf- und niedergingen. Ich überlegte ernsthaft, ob ich mir dies antuen möchte oder lieber auf den Wettkampf verzichte. Als ich mir das Wasser nochmal anschaute (es wurde nicht besser) kam plötzlich die Meldung, dass sich der Start um 10 Minuten verschieben würde und die Schwimmstrecke von 1900m auf 600m verkürzt werden muss. Wie sich später herausstellte eine sehr gute Entscheidung. Ich startete weit hinten und schnell stellte sich heraus, dass ich das mit dem Kraulen vergessen konnte. Dies lag jedoch nicht an meinen Fähigkeiten, sondern vielmehr an der Tatsache, dass in einem breiten Korridor bis auf einen Teilnehmer alle Brust schwammen und man aufgrund der Wellen nicht so einfach überholen oder nach außen schwimmen konnte. Also beschloss ich, die 600m auch mit sehr wenig Kraulanteil anzugehen (lediglich das letzte Stück war hierfür ein bisschen geeignet).
Bereits nach wenigen Metern zeigte sich, dass viele mit dem recht wilden Wasser Probleme hatten und sich am Board der Lifeguards festklammern mussten. Eine Teilnehmerin geriet sogar so in Not, dass sie lautstark nach Hilfe rief. Ich versuchte sie zu beruhigen und schob sie dann in Richtung des Rettungsboards, als dieses sich näherte. Ich habe letzten Winter den Rettungsschwimmer absolviert, was mich in dieser Situation ruhig handeln lies. Jackpot! 😊 Auch auf dem weiteren Weg Richtig Schwimmausstieg bekam ich mit, dass einige Teilnehmende die Boards aufsuchten. Das Schwimmen war dann dennoch recht kurzweilig und schnell griff ein Arm nach mir und zog mich die Ausstiegsrampe rauf. Erstmals sah ich meine Frau Jane und lächelte sie an, auch weil ich froh war überhaupt gestartet zu sein. Ich sollte mir diese „dann starte ich halt nicht Gedanken“ schnell abgewöhnen.
Im langsamen Laufschritt nahm ich die 600m Wechselzone in Angriff. Hier zeigte sich schon, dass viele Zuschauer dem Rennen beiwohnen, von denen man gut angefeuert wird. Der Wechsel klappte dann recht gut. Klar, Socken auf nasse Füße ziehen, ist immer fummelig, aber es klappte recht gut. Der Inhalt meiner Beutel blieb auch trotz des Sturms und dem massiven Regen in der Nacht (Räder und Beutel werden beim Veranstalter Ironman immer am Vortag eingecheckt) trocken, da ich die Beutel gut verknotet und den Inhalt zur Sicherheit in einen zweiten Beutel eingepackt hatte.
Kleine Anekdote: Ole hat mir eine kleine rostige Schraube an seinem Schaltwerk gezeigt und meinte, dies sei in der Nacht wegen des Unwetters passiert. Meine Reaktion darauf, irgendetwas zwischen Lachen und Spotten verging mir, als ich zu meinem Rad kam und die Kettenglieder teils angerostet waren. Irre. Über Nacht. Zum Glück hatte Ole noch etwas Öl eingepackt.
Mein Rad stand jedenfalls recht günstig in der Nähe einer Parkuhr, sodass ich keine Probleme hatte, es zu finden. Ist bei über 1000 Rädern ja nicht immer eine Selbstverständlichkeit. 😊
So ging es dann nach fast 10 Minuten (inkl. Laufweg von insgesamt 900m) auf die Radstrecke. Diese führte zuerst ein paar Minuten durch die Stadt um uns dann über einen ordentlichen Anstieg von 4-5 Kilometer mit einer Steigerung von 4-8% ins Hinterland zu schicken. Die ersten 50 Kilometer lief es, auch dank Rückenwind, ganz ordentlich. Die Verpflegung klappte gut (ausreichend Verpflegungsstellen aller 20 Kilometer; auch gut positioniert). Dann jedoch bahnte sich das „Unheil“ an. An einer Linkskurve standen hohe Fahnenmasten, mit straff nach rechts flatternden Flaggen. Um die Kurve rum und zack. Es war wie gegen eine Wand zu fahren. Von nun an war quasi nur noch Gegenwind angesagt. Musste man schon bis hierher den Lenker gut festhalten und ab und an auch die Aero-Position verlassen, war es nun teilweise schon wirklich crazy. Das eine oder andere Mal wurde ich von einer Böe erwischt und 3-4 Meter nach links geschoben. Auf Abfahrten habe ich fast immer die schnelle Position verlassen. Dass die Splits immer weiter sanken, war mir dabei natürlich egal. Ich meine bei einem Sturz… Das gute Material… uiuiui (Mensch oder Maschine bewertet jeder für sich, haha).
So zog sich die Radstrecke dann doch etwas hin und ich war froh, als wir immer weiter zurück in die Stadt kamen und das Ende absehbar war. Nach knapp 90 km und fast 3 h war es dann so weit und ich konnte das Bike wieder in der Wechselzone abstellen.
Schuhwechsel, Pieselstopp und ab auf die Laufstrecke. Noch einen Knutscher von der Holden abgeholt und den langen Weg zurück auf die Laufstrecke, welche dann am Schwimmausstieg begann. Die 3 Runden waren so angelegt, dass man nach etwa 2,5 km erstmals am Zielkanal langlaufen durfte. Sooo viele Menschen. Das machte mich etwas emotional und warum auch immer musste ich kurz schluchzen. Den anderen unserer tollen Crew (kommt bitte alle wieder mit!) noch kurz zugelächelt und weiter ging es. Vorbei an applaudierenden Menschen, Menschen mit Musikboxen in Unterführungen, freundlichen Helfern, einem tanzenden Ehepaar. Der Support war schon Klasse. Aller 2,5 Kilometer kam eine Verpflegungsstation mit Cola, Iso, Gels, Riegeln, Bananen, Wasser. Ich blieb bei letzterem, welches ich zum Trinken und kühlen nutzte. Es blies zwar noch immer ein ordentlicher Wind, jedoch war inzwischen auch die Sonne rausgekommen. Nicht zu warm, aber schön. Besser ging es nicht. Runde eins war recht schnell vorüber, ich konnte meine Geschwindigkeit gut halten. Nach knapp 7 Kilometern nahm ich ein Gel. Gute Entscheidung. Wieder vorbei am Zielkanal, wieder emotional. Geil. Ich mag meine Emotionen. In Runde 2 habe ich mich fast langgelegt, weil plötzlich zwischen zwei Häusern eine Böe auf die Strecke traf, sodass mir das rechte Bein an das linke gekloppt wurde. Wäre witzig gewesen, hätte ich mich deshalb hingelegt. Später wurde es auf dieser Runde etwas zäh, genau richtig kickte dann aber das Gel. Ein großartiges Gefühl, wenn der Treibstoff im Motor ankommt. 😊
So durfte ich dann also mein drittes Rundenband abholen (das erste gab es zum Beginn der ersten Runde nach dem Zielareal bei ca. 3 Kilometern). Noch einmal vorbei an allen Verpflegungsstellen, auch an der letzten, wo man wie auf jeder Runde noch einmal wie gegen eine Wand lief. Als diese dank Kurve etwas an Widerstand verlor, ging es natürlich wieder etwas Bergauf. Im Nachhinein echt witzig. 😊
Noch ein letztes Mal an den abklatschenden Kids vorbei ins Zielareal. Nur durfte ich diesmal nach rechts abbiegen und den Zielkanal genießen. Ein stolzer Schrei auf der Ziellinie und die dritte Mitteldistanz war abgehakt.
Neu steht in der Vita jetzt also eine Mitteldistanz mit 5:19:29h bei verkürzter Schwimmstrecke, heftigen Windbedingungen und einem zufriedenstellenden Lauf. Beim Laufen wäre eventuell noch etwas gegangen, aber ich habe immer Schiss, dass mir irgendwann die Energie ausgeht. So laufe ich lieber konstant. :-)
Insgesamt lässt sich sagen, dass der Ironman 70.3 in Jönköping/Schweden eine absolut empfehlenswerte Veranstaltung ist. Tolle Strecken, tolle Volunteers, tolle Zuschauer und eine echt schöne Stadt. Anreise, auch am Tag des Wettkampfes, absolut kein Problem. Mehrere Parkhäuser überall. Super. Ich gebe der Veranstaltung eine glatte 1.
Euer Danny